Dhaulagiri 2009

Sein Name stammt aus dem Sanskrit, „Dhavali giri“ – Der weiße Berg. Unter der Leitung des Schweizers Max Eiselin wurde der Achttausender im Jahre 1960 von einer internationalen Expedition erstbestiegen. Die Route der Erstbesteiger, der Nordostgrat, ist auch heute noch der gebräuchliche Weg für Gipfelaspiranten am „Weißen Berg“.

Über diese Route wollen auch die Bergsteiger Jürgen Greher, Rupert Hauer, Bernd Müller, Gerhard Schauenburg, Helga Söll, Alexandra Robl, Alix von Melle und Expeditionsleiter Luis Stitzinger gemeinsam den Dhaulagiri besteigen. Nach einem 10-tägigen Trekking zum Basislager auf 4650 Metern beginnt der Aufstieg über den Myangdi-Gletscher. Nach einigen heiklen Gletscherpassagen wird der Fuß des steilen Nordostgrates erreicht. Mit 3 Hochlagern (5800m, 6700m, 7250m) wird das Team die anspruchsvolle Route, die Steilheiten über 60 Grad in Schnee und Eis sowie kombiniertes Gelände aufweist, über den Nordostgrat zum Gipfel auf 8167 Meter angehen. Anschließend wollen Luis Stitzinger, Alexandra Robl und Rupert Hauer eine durchgehende Skibefahrung der steilen NO-Flanke in Angriff nehmen. 2007 gelang dem schwedischen Skifahrer Fredrik Ericsson eine Skiabfahrt von 7800 m Höhe, den Gipfel konnte die Expedition damals nicht erreichen. Die Abfahrt wäre somit die erste vollständige Skibefahrung des Himalaya-Achttausenders.

Galerie

Historie

Die Erstbesteigung des Dhaulagiri I 8167 m gelang einer schweizer Expedition mit internationalen Teilnehmern, u.a. Kurt Diemberger, unter Leitung von Max Eiselin über den Nordostgrat des Berges, ohne die Verwendung von künstlichem Sauerstoff. Eine Skibefahrung des Berges wurde erstmals 2007 vom schwedischen Extremskifahrer Fredrik Ericsson versucht, der allerdings den Gipfel nicht erreichen konnte, aber aus einer Höhe von 7800 m mit Ski ins Basislager abfuhr. Auch der Versuch des tschechischen Skibergsteigers David Fojtik, der 2009 zwar den Gipfel erreichte, aber eine weite Passage zwischen 7200 m und 6700 m zu Fuß absteigen musste, blieb nur teilweise erfolgreich.

Unter himalaya-info.org findet sich eine gute Zusammenfassung der gesamten Besteigungsgeschichte.

Route

In einem etwa zehntägigem Trekking von Beni aus, wird das Basislager, 4650 m, auf dem Myagdi-Gletscher erreicht. Nach der Querung des Gletschers wird jenseitig, unterhalb des „Eigers“, eines imposanten Trabanten des Dhaulagiri´s , entlang des orografisch linken Gletscherrandes aufgestiegen. Nach der heiklen Querung (bei Neuschnee Lawinengefahr) der Eigerflanken wartet noch die Schlüsselstelle des Gletscherbruchs, der mit zahlreichen Spalten und Abbrüchen den Weiterweg versperrt. Wenn das zweite Eisfeld erreicht ist, geht es entspannter weiter in Richtung Nordost-Sattel zwischen Dhaulagiri I und Tukuche Peak. In dessen Umgebung wird Camp 1, 5800 m, errichtet. Der Weiterweg zum Fuß des NO-Grates führt zunächst relativ unschwierig über weite Gletscherhänge und einen breiten Gletscherrücken empor. Auf dem Weiterweg über den nun steiler werdenden NO-Grat wird ein letztes Lager errichtet: Camp 3 auf 7250 m, das Sprungbrett zum Gipfel.  Der Gipfelanstieg führt weiter, direkt über die Gratschneide der „Himmelsleiter“, bis sich diese nochmals deutlich aufsteilt und sehr felsig wird. Anders als die Erstbegeher, die den Ostgrat in kombinierter Kletterei weiterverfolgten, wird heute in einer langgezogenen Traverse in die gewaltige Nordflanke des Gipfels nach Westen gequert. In der vergletscherten Flanke steigt man nun einige hundert Meter höher und gewinnt den Westgrat über das sogenannte „Ostcouloir“etwas westlich des Westlichen Vorgipfels. Über plattigen Kalkfels und in kombinierter Kletterei überschreitet man diesen und erreicht wenig später den Hauptgipfel, 8167 m. Nach dem Abbau der Lager und der Rückkehr ins Basislager, etwas Erholung und Organisation der Träger, wird über French Col, 5334 m, und Dhampus-Pass, 5200 m, ins Kali Gandaki-Tal abgestiegen und über Marpha nach Beni zurückgekehrt.

Ablauf

Unerwarteter Erfolg am „Haifischzahn“

Expeditionstagebuch

Abreise – vom 11.04.09

Heute geht es los zum Dhaulagiri. „Schon“ oder „endlich“ – wie man es nimmt. Wie immer ist einiges unerledigt geblieben und man schafft es doch nie, sich von allen Freunden und Angehoerigen zu verabschieden. Doch die Vorfreude ist da, „der Berg ruft“! 16.50 Uhr verlassen den Muenchner Bahnhof in Richtung Frankfurt am Main, Flughafen. 23.00 Uhr geht unser Flieger von dort zunaechst einmal nach Abu Dhabi, nach ein paar Stunden Wartezeit weiter nach Kathmandu, Nepal.

Ankunft in Abu Dhabi, Weiterflug nach Kathmandu – vom 12.04.09
Im Morgengrauen sind wir im Wuestenstaat Vereinigte Arabische Emirate und dessen boomender Hauptstadt Abu Dhabi angekommen. Nun schlagen wir uns die Wartezeit bis zu unserem Weiterflug nach Kathmandu um die Ohren. Die Nacht war kurz, da wir dem Morgen entgegengeflogen sind. Entsprechend „matschig“ fuehlen wir uns. Um 14.00 Uhr geht es weiter nach Nepal, wo wir um 20.15 Uhr eintreffen sollen. Auch eine Art, Ostern zu verbringen!

Organisationstag in Kathmandu – vom 13.04.09
Dank der leichten Bewoelkung ist es heute nicht ganz so heiss und die Temperaturen machen noch unter der 30-er Marke halt. So macht die Sichtung und das Packen der aus Kathmandu stammenden Ausruestung und Verpflegung etwas weniger Muehe. Mittags fahren wir zum Briefing ins Tourismus Ministerium. Nach dem wir das buerokratische Melodrama ueber uns ergehen haben lassen, sind wir auch „schon“ 2 Stunden spaeter wieder fertig. Nun noch schnell ein paar Besorgungen erledigt und wieder zurueck zum Abendessen ins Hotel. Fuer morgen haben wir einen zeitigen Aufbruch geplant, 6 Stunden Fahrt nach Pokhara stehen an. Dort angekommen, moechten wir uns bei Tageslicht auch noch etwas umsehen koennen, bevor am naechsten Tag bereits der 10-taegige Anmarsch zum Basislager ueber die klassische Dhaulagiri-Umrundung beginnt.

Pokhara – vom 14.04.09
Schon früh müssen wir heute aus den Federn, bereits um 7.00 Uhr wollen wir auf der Strasse sein, um nach der Ankunft in Pokhara noch ein bisschen Bummeln zu können. Gute 6 Std dauert die Fahrt über Land. Die Strasse ist zwar asphaltiert, doch säumen zahlreiche Schlaglöcher ihren Lauf. Auch der mörderische Verkehr auf der Strecke ist berüchtigt, so sind wir froh, als es während der gesamten Fahrt relativ ruhig bleibt. Auf dem Weg halten wir immer wieder an, um Tee oder eine Cola trinken zu gehen und uns zu erfrischen. Nach der Ankunft am frühen Nachmittag checken wir in der Fishtale Lodge ein und begeben uns dann auf ein kurzes Sightseeing durch den Ort und am Ufer des Phewa Sees entlang. Genau richtig, um langsam in Stimmung für das Trekking zu kommen.

Trekkingbeginn bei Beni – vom 15.04.09
Nach dem Frühstück fahren wir mit unserem Bus in 4,5 Std nach Beni (830 m), dem Ausgangspunkt des Trekkings. Nach dem Mittageseen in einer kleinen netten Lodge machen wir uns noch auf den Weg und
marschieren in 3 Stunden über kleine verstreute Dörfer nach Tatopani (ca. 900 m). Auf dem Schulhof wird das Nachtlager errichtet und wir essen das erste Abendessen aus der Campingküche.

Darbang – vom 16.04.09
Frühes Frühstück, dann geht es auf die erste „richtige“ Trekkingetappe. Über zahllose Dörfer und Terrassenfelder führt der Weg in das Tal des Myagdi Khola hinein. Nach 5,5 Std ist Darbang (1180 m)
erreicht. Wieder werden die Zelte auf dem Schulhof aufgestellt, da ansonsten kein Platz zur Verfügung steht – jeder zur Verfügung stehende ebene Quadratmeter wird bestellt und Weizen, Kartoffeln oder Mais
angebaut. Dies sind die Dörfler aber von den vielen Trekkinggruppen auf der Dhaulagiri-Runde zur Genüge gewohnt und haben durch die Campinggebühren und die optionale Spende für die Schule ein kleines
zusätzliches Einkommen für den ansonsten nur spärlich finanzierten Lehrbetrieb.

Sibang – vom 17.04.09
Nach dem Frühstück folgen wir an der Talverzweigung weiter dem Lauf des Flusses nach Norden und gelangen in das hübsche Magar-Dorf Dharapani. Zum ersten Mal erblicken wir die schneebedeckten Gipfel der Dhaulagiri-Gruppe im Talschluss. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Über einen kleinen Pass hinweg und entlang üppig sprießender Weizenterrassenfelder erreichen wir schließlich das kleine Dorf Sibang (1850 m). Wir errichten unser Lager auf dem grasbedeckten Fussballplatz  und genießen die Nachmittagsonne bei einer Flasche Tuborg Bier.

Jugepani – vom 18.04.09
Nach dem morgendlichen Abstieg in ein kleines Seitental, führt ein steiler Anstieg in das idyllische Magar-Dorf Muri (1850 m) hinauf. Im Hintergrund ragen die siebentausend Meter hohen Eisgipfel der
Dhaulagiris II bis VI auf. Nach dem Mittagessen im Dorf führt wiederum ein steiler Abstieg bis ins Flusstal hinab, dann ein ebenso steiler Gegenanstieg in der schweißtreibenden Nachmittagssonne bis auf einen
Pass und wieder hinunter ins Haupttal hinab. Auf einer schönen Wiesenterrasse in Jugepani (1525 m), was so viel bedeutet wie, „Blutegelwasser“, schlagen wir unser Camp auf. Letztere bleiben uns dank
des durchwegs trockenen Wetters aber zum Glück erspart. In den Teahouses bei den üblichen Lagerplätzen der Trekker ist stets Cola und Bier erhältlich, was für zusätzliche Erfrischung sorgt.

Boghara – vom 19.04.09
Am steilen Flussufer führt ein guter Pfad das tief eingeschnittene Tal nach Boghara (2120 m). Zuvor muss die felsige Steilflanke über einen anstrengenden und exponierten Steig erklommen werden, der über Passagen hinweg „klettersteigähnlich“ versichert ist. Zwei ahnungslosen Trekkern aus Großbrittannien ist dies „too much“, sie kehren um und wollen auf eine einfachere Tour ausweichen. Das Dorf – das
letzte im Tal – schließlich, liegt in einem Kessel rückwärtig verborgen. Die Kinder erwarten uns bereits mit ihrem obligatorischen Begrüßungsspruch „Namaste – give me a pen!“, als wir auf dem Schulplatz
einlaufen. Heute teilen wir uns diesen mit einer zweiten, überraschend aufgetauchten Trekkinggruppe. Bislang sind wir, abgesehen von den beiden Briten, ansonsten keinen einzigen Touristen begegnet.

Dobang – vom 20.04.09
Nach einem steilen Abstieg zum Fluss hinab geht es in stetigem Auf- und Ab das Tal hinein. Nur noch kleine Rodungsinseln teilen den dichten Urwald. An den wenigen Holzhütten von Lapche Kharka (2310 m)
machen wir Mittagspause. Nachmittags laufen wir weiter nach Dobang (2550 m), einer größeren Rodung an einer Talverzweigung. Kurz vor unserem Eintreffen bricht ein sinflutartiger Gewitterregen los. Zu unserem Glück steht bereits das Messzelt als wir nach 5 Std Gehzeit eintreffen, so dass wir alle Unterschlupf finden und mit trockener Haut davonkommen. Nach drei Stunden plätschert und hagelt es immer noch, in den wenigen kurzen Unterbrechungen haben wir es aber zumindest geschafft, unsere Schlafzelte in aller Eile aufzubauen. Die damit verbundene Abkühlung wirkt sich negativ auf den Cola- und Bierabsatz des örtlichen
„Campingplatzwartes“ aus, der dadurch etwas enttäuscht ist.

Salagari – vom 21.04.09
Über Nacht hat das Wetter wieder aufgeklart und die wärmende Sonne lässt Dunstschwaden aus dem Regenwald aufsteigen. Unser Weg führt uns durch einen richtigen Urwald immer entlang des Flusses das Tal hinein. Nach mehreren Flussüberquerungen über improvisierte Holzbrücken wird schließlich das Steilufer erklommen und durch lichten Nadelwald nach 4,5 Std Salagari (3110 m) erreicht. Wieder mit derselben Trekkinggruppe, die nun parallel mit uns unterwegs ist, teilen wir uns schöne Rasenterrassen hoch oberhalb des Flusses. Nachmittags führt die Quellbewölkung wieder zu leichten Gewitterschauern, die allerdings wesentlich weniger heftig als am Tag zuvor ausfallen.

Swiss Basecamp – vom 22.04.09
Vom Waldlager Salagari führt der Weiterweg durch lichten, hohen Nadelwald bis über die Waldgrenze hinaus. Nach kurzer Krummholzzone, die hier durch das ein oder andere Bambusgestrüpp ergänzt wird, ist endlich der Blick frei auf „den Berg“. Vom Italian Basecamp, 3650 m, haben wir eine ungetrübte Aussicht auf die gewaltige Westwand des Dhaulagiri. Nach kurzer Mittagspause geht es in steilem Abstieg über die Seitenmoräne auf einen kleinen Lawinengletscher hinab, über diesen hinüber und auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinauf. Stetig querend entlang der Moräne in das eng eingeschnittene Tal des Chonbarban-Gletschers hinein. Kurz bevor dort die Talsohle erreicht ist, langen wir nach 4,5 Std Gehzeit im Swiss Basecamp unter der Nordwestwand des Dhaulagiri an. Rasch verkriechen wir uns vor dem nahenden Gewitterregen in die schützenden Zelte. Die Nacht wird zugig, regnerisch und kalt.

Japanese Basecamp – vom 23.04.09
Der Tag begrüßt uns mit strahlendem Wetter, die frisch verschneite Dhaulagiri-Kette ragt hinter der eng eingeschnittenen Chonbarban-Schlucht majestätisch in den Himmel auf. Beim Aufstieg auf die Gletscherzunge kommt die Sonne zum Vorschein und wärmt uns auf. Der Weg über den schuttübersäten Gletscher führt in stetigem auf und ab nahezu unbemerkt höher. Bereits nach 3 Std erreichen wir unser heutiges Tagesziel, das Japanese Basecamp, 4150 m, unter der schroffen Nordwand des Dhaulagiri I. Die Zeltplätze sind schnell bereitet, nach einem gemütlichen Picknick bei strahlendem Sonnenschein heißt die Devise Ausruhen, Entspannen und sich an die Höhe gewöhnen. Die Nacht über der Viertausendmetermarke wird merklich kälter als die Tage zuvor.

Dhaulagiri Basecamp – vom 24.04.09
Auch diese Etappe ist nur unmerklich länger als die des Vortags. Nach 3 Std. Gehzeit kommen wir an der Oberflächenmoräne an, auf der bereits diverse Expeditionsteam ihr Lager errichtet haben. Dank der neuerlichen Schließung Tibets tummeln sich an dem ansonsten im Vormonsun sehr einsamen Berg nun ca. 8 verschiedene Expeditionen, aus Polen, Indien, der Tschechei, u.a. Ländern. Zum Glück finden wir dennoch einen guten Platz ganz am Beginn der Moräne, wo wir am heutigen Tage lediglich den „Rohbau“ für unser Basislager erledigen.

Lagerbau – vom 25.04.09
Wieder weckt uns ein makelloser Morgen mit strahlendem Sonnenschein. Nach spätem Aufstehen und gemütlichem Frühstück widmen wir uns dem Ausbau des Lagers. Ein, zwei Schlafzelte müssen noch aufgebaut werden, das Messzelt bedarf noch „Bodenverlegearbeiten“, so vergehen die Stunden. Zwischendrin wird auch in unserem neu aufgebauten Waschzelt heiß geduscht, welche Wohltat nach zwei Wochen Trekking. Nach dem Mittagessen halten wir brav „Siesta“, denn die Arbeiten in der Höhe erfordern viel Kraft und schließlich wollen wir uns ja optimal akklimatisieren. Nachmittags drückt die übliche Quellbewölkung das Tal herauf, es wird windig und graupelt leicht. Abends können wir die Früchte unserer Arbeit bei einem reichhaltigen Nepali Chulu unter Solarlicht in unserem Space-Dome-Messzelt genießen.

Ausflug zum French Col – vom 26.04.09
Gleich nach dem Frühstück machen wir uns auf zu einer Akklimatisationswanderung zum French Col, dem Pass der hinüber ins „Hidden Valley“, dem versteckten Tal, führt. Zunächst folgen wir dem Chonbarban-Gletscher das Tal höher, dann ersteigen wir die orografisch rechte Ufermoräne, die nach einem kurzen Steilanstieg schließlich flach zum Pass hinter führt. Nach einem letzten Geröllhang stehen wir nach 3,5 Std Gehzeit neben den im starken Wind flatternden Gebetsfahnen des French Col (5380 m). Der Blick schweift weit übers Hidden Valley bis zum Dhampus Pass hinüber, der Thapa Peak ist von Wolken eingehüllt. Schnell machen wir uns wieder davon und steigen zum Basislager ab, wo uns ein spätes Mittagessen erwartet. Abends verwöhnt uns unser Koch Dil mit einer Pizza, die in italienischen Dimensionen bemessen mindestens ein „Dreistöcker“ geworden wäre, so dick ist sie belegt.

Puja-Feier – vom 27.04.09
Der Tag beginnt mit der Puja-Feier, bei der die Götter wohl gesonnen für die bevorstehende Bergbesteigung gestimmt werden sollen. Opfergaben, wie kunstvoll dekorierte Äpfel und Schalen mit Reis und Mehl werden dargebracht. Dorje, neben Singi unser zweiter Climbing Sherpa, hat 8 Jahre als Klosterschüler im bekannten Kloster Thengpoche im Solu Khumbu Gebiet verbracht und beherrscht die Riten meisterlich. Er hält eine wundervolle Zeremonie für uns ab, zu der eigens ein kleiner Tschörten-Altar gebaut worden ist, von dessen Spitze, Sonnenstrahlen gleich, Gebetsfahnenketten in alle vier Himmelsrichtungen gespannt werden. Nachmittags sortieren und verteilen wir das Gepäck für den nächsten Tag, an dem wir uns das erste Mal die Route ansehen wollen. Einige Ausrüstungsteile, wie Zelte, Kocher, Gas, etc. wollen wir dabei beim ABC der Inder, auf ca. 5350 m, deponieren. Der Tag endet mit einem frühen Abendessen, zu dem wir einen alten Freund aus der Türkei, Tunc Findic, dem wir hier zufällig begegnet sind, einladen. Er war einer der ersten in dieser Sasion, die sich am Berg eingefunden hatten und plant in 2 Tagen zu einem Gipfelversuch aufzubrechen.

Aufstieg Camp 1, 5800 m – vom 28.04.09
Nach einem frühen Frühstück um 4.00 Uhr brechen wir um 5.00 Uhr mit schweren Rucksäcken auf und überqueren den Gletscher. Am anderen Ufer dämmert es bereits, als wir über eine steile aber spaltenlose Schneerampe entlang des Gletscherbruchs aufsteigen. Immer an den Felswänden des „Eigers“ entlang, jener mit Eisrinnen durchzogener Nordwand, die in den Alpen ein eigener Berg gewesen wäre und hier „nur der Zehennagel des Dhaulagiri“. Hinter dem Bruch öffnet sich ein weitläufiges Gletschertal, das nahezu spaltenfrei bis zur nächsten Aufsteilung führt. An einem weiteren, wilden Eisbruch vorbei, steigen wir über Schneehänge und durch Spalten hindurch bis auf eine Höhe von 5500 m auf. Links und rechts bedrohen gewaltige Seracgürtel die Aufstiegsroute, so dass wir nicht grundlos irgendwo länger verweilen als unbedingt nötig. Die indische Expedition – eine von 7 Expeditionsteams im Basislager (Koreaner, Japaner, 2x Polen, Tschechen, Inder und wir) – hat sämtliche Gefahrenstellen mit nagelneuen, dicken 10 mm-Seilen versichert. Eigentlich spricht man doch immer von „deutscher Gründlichkeit“, so gründlich hätten wir dies aber sicherlich nicht erledigt. Am ersten, vor Eisschlag sicheren Platz legen wir ein kleines Depot an und Gerhard, Alix und Bernd steigen zusammen in Richtung Basecamp ab. Jürgen, Helga, Alex, Rupert, Singi, Dorje und Luis gehen eine gute Stunde weiter bis auf Camp 1, 5800 m, und deponieren dort nach ca. 6 Std Gehzeit das übrige Material in einem schnell aufgestellten Zelt. Danach geht es auch flott talwärts, da die Zeit bereits fortgeschritten ist und die Spaltenbrücken aufweichen. Gegen 15.00 Uhr sind wir alle wieder im Basislager zurück und schlürfen gierig die heiße Nudelsuppe und den kalten „Juice“ in uns hinein. Nach dem Abendessen ist bald „Zapfenstreich“, die lange Etappe unter der heißen Sonne hat uns alle müde gemacht.

Ruhetag – vom 29.04.09
Spätes Aufstehen, gemütliches Frühstück unter den Klängen von Anna Netrebko und Co., danach Rasieren, Lesen, Faulenzen und natürlich Essen und Trinken – das sind die wichtigsten Programmpunkte des Tages. Nachmittags werden allerdings schon wieder die Rucksäcke gepackt, denn tags darauf soll es schon wieder hinauf gehen auf Camp 1. Nach einer Nächtigung dort, wollen wir weiter in Richtung Camp 2, 6800 m, aufsteigen und ein Depot anlegen. Nach einer weiteren Nächtigung in Camp 1 geht es dann am 2.5. wieder zurück ins Basislager auf dem Chonbarban-Gletscher.

Camp 1 – Camp 2, 6800m – vom 30.04.09
Nach einem erneuten Aufstieg und Nächtigung auf Camp 1 wollen wir weiter in Richtung Camp 2, 6800 m, aufsteigen und ein Depot anlegen. Nach einer weiteren Nächtigung in Camp 1 geht es dann am 2.5. wieder zurück ins Basislager auf dem Chonbarban-Gletscher.

Aufstieg C1 – vom 30.04.09
Früh morgens um 5.00 Uhr geht es wieder los, den bekannten Weg über die Moräne durchs Lager. Die ersten Frühaufsteher mustern argwöhnisch die Skier, die Alex, Rupert und Luis auf den Rucksäcken mit sich tragen. Der hartgefrorene Firn der Aufstiegsrampe unter dem Eiger sorgt für einen angenehmen und zügigen Aufstieg. Auf der weiten Gletscherebene vor den Brüchen kommt die Sonne heraus, ein weiterer makelloser Tag beginnt. Die einzigen Leidtragenden dieses Dauer-Traumwetters sind die Spaltenbrücken, die zum Teil schon bedenklich dünn werden. Zum Glück sind mittlerweile nahezu alle gefährdeten Abschnitte mit Fixseilen versehen. Unter den Brüchen hindurch ist nochmals ein erhöhtes Bewegungstempo gefragt, die letzte Eislawine die die Spur bedeckt mahnt eindrücklich dazu. Die letzten Hänge zum Hochlager lassen sich dann entspannt zurücklegen. Kurz vor dem Lager steckt ein kleines Bambuskreuz an einer Spalte und erinnert an den Polen Piotr Morawski, der dort Anfang April bei einem Spaltensturz ums Leben gekommen war. Nachdem seine Teamkollegen den Leichnam zunächst aus der Spalte geborgen hatten, dann aber die Unmöglichkeit eines Abtransports erkannten, bestatteten sie den Verstorbenen wieder in derselben Spalte. Nach 6,5 Std Aufstieg erreichen wir schließlich unser Depot im Camp 1, 5800 m. Wir bereiten 6 Lagerplattformen für unsere Zelte und richten uns häuslich ein. Nachmittags wird ausgeruht, Tee gekocht und Brotzeit gemacht.

Aufstieg C2 – vom 01.05.09
Um 6.00 Uhr wird geweckt, nach der Verteilung der Traglasten brechen wir geschlossen um 8.00 Uhr Richtung Camp 2, 6600 m, auf. Die Route hält sich stets an einen Rücken, der abgesehen von einigen wenigen Steilstufen, relativ flach ist. Auf ca. 6200 m steilt sich der Rücken dann zusehends auf. Schon früh streicht der beißend kalte Wind von Süden über den Steilabbruch des Sattels zwischen Dhaulagiri I, 8167 m, und Tukuche Peak, 6800 m, und sorgt für kalte Finger und Zehen. Eine Ruhepause einzulegen ist auf dem exponierten Rücken so gut wie unmöglich. Völlig ausgekühlt beschließen wir so nach 3 ¾ Std Aufstieg ein Depot auf 6400 m, der ersten Lagermöglichkeit für das zweite Hochlager, einzurichten und dieses beim nächsten Mal zum eigentlichen Lagerplatz auf 6600 m höher zu verschieben. Am heutigen Tage wollen einige Bergsteiger vom koreanischen Team, ein Iraner (Name unbekannt), der Türke Tunc Findic und der Tscheche David Fojtik den ersten Gipfelversuch in dieser Saison unternehmen, kaum vorstellbar bei dem starken Wind. Leider verbirgt sich die Aufstiegsroute vom Beginn der Querung an vor unseren Blicken, so dass wir nichts über deren Vorankommen in Erfahrung bringen können. David ist darüber hinaus mit Ski unterwegs und möchte die erste vollständige Skibefahrung der Route versuchen. Schon aus diesem Grunde beobachten zumindest die drei Skifahrer unseres Teams immer wieder neugierig den Grat, ob sich nicht doch irgendwann ein Bergsteiger zeigen möge. Der Abstieg ist mit einer ¾ Std schnell erledigt, noch zügiger sind Alex, Rupert und Luis unterwegs, die trotz des schlechten Schnees den Abstieg von C2 zu C1 auf Skiern absolvieren. Nachdem nach den Mittagsstunden ein sicherer Abstieg über die vielen durchweichten Brücken nicht mehr möglich ist, übernachten wir ein weiteres Mal im Hochlager, bevor wir uns am nächsten Morgen über die hartgefrorene Spur ins Tal begeben.

Abstieg Basecamp – vom 02.05.09
Um 8.00 Uhr verlassen wir das Hochlager und begeben uns auf den Abstieg. Rupert und Luis steigen mit den Skiern die Flanken Richtung Tukuche Peak auf, um die Skier nochmals „Gassi auszuführen“, während sich die „Fußgänger“ auf direktem Wege nach 2,5 Std Abstieg im Basislager wiederfinden. Gegen 12.00 Uhr fahren Rupert und Luis von 6600 m über die weiten Gletscherhänge ab und erreichen auf ca. 5700 m die Spur der Route, auf der sie durch die Brüche auf die Gletscherebene und weiter auf die Querung unter dem Eiger gelangen. Auch hier „flutscht“ es mit den Skier durch den aufgeweichten Ski mächtig, nach lediglich 1 Std. Abfahrt langen die beiden Skifahrer am Fuß der Route auf dem großen Chonbarban-Gletscher an. Es beginnt zu gewittern und zu graupeln, doch schon eine halbe Stunde später sind sie im Basislager, 4620 m, und essen zusammen mit dem Rest des Teams zu Mittag. Nachmittags gratulieren wir den ersten Gipfelgängern in dieser Saison (1.5.), Tunc Findic (Türkei) und David Fojtik (Tschechei), die es trotz des beißenden Windes geschafft hatten, gegen 14.30 Uhr den Gipfel zu erreichen, nachdem sie nachts um 2.00 Uhr aufgebrochen waren. David gelang es dabei, die Route von unterhalb des Gipfelcouloirs bis nach der Querung und des Beginns des NO-Grates zu befahren. Dann zwangen ihn jedoch wiederholte Blankeispassagen und die fortgeschrittene Stunde dazu abzuschnallen und den weiteren Abstieg zu C3 (und am Folgetag bis C2, 6600 m) zu Fuß zu absolvieren. Eine vollständige Skibefahrung der atemberaubenden Linie des NO-Grates und des Dhaulagiri I steht somit noch immer aus… Auch einige Bergsteiger des koreanischen Teams (Namen unbekannt) erreichten wohl gegen 18.30 Uhr den Gipfel und trafen erst gegen 23.00 Uhr im schützenden Camp 3, 7200 m, wieder ein. Einer der koreanischen Gipfelgänger verbrachte die Nacht mutmaßlich am Gipfel zu, nachdem er im Whiteout das Abstiegscouloir nicht mehr finden konnte und zog sich schwere Erfrierungen an beiden Händen und eine starke allgemeine Unterkühlung zu. Ein völlig entkräfteter Iraner (Name unbekannt) stürzte beim Gipfelgang am Fuß des Gipfelcouloirs tödlich ab. Soweit die Bilanz des ersten „Gipfelfensters“ am „Weißen Berg“, der dieses Jahr so wenig Schnee wie selten trägt und daher eher in „der blaue Berg“ umbenannt werden müsste. Wenigstens seinem Zweitnamen, „der Berg der Stürme“ macht der Dhaulagiri alle Ehre: Während des, wie üblich, üppigen Abendessen braut sich ein ordentliches Gewitter über uns zusammen und es beginnt zu stürmen, zu graupeln und zu schneien, bis tief in die Nacht hinein.

Ruhetag Basecamp – vom 03.05.09
Über Nacht sind 15 cm Schnee gefallen und es schneit noch immer weiter. Den unteren Abschnitten der Route tut dies nur gut. Weniger günstig wirkt es sich allerdings auf die Gipfelambitionen der ersten Aspiranten der großen indischen Expedition aus, die diesen Morgen einen Gipfelversuch unternehmen wollten. Im Laufe des Vormittages gehen immer wieder Schneeschauer nieder, alle indischen Bergsteiger steigen aus den Hochlagern ins Basislager ab. Nachmittags unterhalten wir uns mit Tunc Findic und erhalten wertvolle Informationen über die Route von ihm.

Ruhetag – vom 04.05.09
Nach einem gemütlichen Frühstück und etwas Faulenzen heißt es nachmittags Rucksack packen. Verabschiedung von dem türkischen Gipfelgänger Tunc und den Polen, die am Folgetag über French und Dhampus Col nach Marpha absteigen wollen. Letztere ziehen etwas frustriert von dannen, da sie alles Denkbare getan hatten, um einen Erfolg für ihre „Bergrettungsexpedition“ zu erzielen und schon am Tag nach Ankunft gegen den Berg gezogen waren. Abends gibt es wie immer das obligatorische Gewitter.

Aufstieg zum C1 – 5.800 m – vom 05.05.09
Frühmorgens aufziehender Nebel, dennoch versuchen wir unser Glück. Im Tagesverlauf bessert sich das Wetter zunehmend, zuletzt herrscht strahlender Sonnenschein mit mediterranen Temperaturen. Alles ist mit 20 cm Neuschnee überdeckt, die Landschaft wirkt hochwinterlich. Die Spaltenbrücken sind wieder hart gefroren und die Aufstiegsroute lässt sich sehr angenehm begehen. Nach 6 Stunden erreichen wir C1. Mittags hat es über 30 Grad im Zelt und wir stöhnen unter der Hitze. Nachmittags tobt ein heftiges Gewitter und rüttelt an unseren Zelten.

Aufstieg auf C2, 6710 m (neuester GPS-Wert) – vom 06.05.09
Durch 20 cm Neuschnee steigen wir über den gestuften Gratrücken zu unserem Depot auf 6400 m auf. Das Wetter ist zunächst sonnig und wir kommen gut vorwärts. Rasch wird es aber windiger und die aufsteigende Quellbewölkung hüllt den Berg ein. Das einsetzende Schneetreiben und das schwere Gepäck strengen uns ordentlich an. Rupert leistet übermenschliches, indem er fast die ganze Etappe spurt. Nach 6 Std kommen wir im Schneesturm im Lager an. Erschöpft bauen wir Plattformen in den steilen Schneerücken und begeben uns in die Sicherheit der Zelte.

Erneuter Transportgang C2 – vom 07.05.09
Alle Lasten konnten wir am Vortag nicht mehr nach C2 befördern. Singi, Dorje, Rupert und Alex haben die Nacht beim Depot verbracht. Morgens steigen Jürgen und Luis ab, um ihnen beim Transport der Ausrüstung zum Lager zu helfen. Was im Abstieg gerade mal 20 Minuten dauert, benötigt im Aufstieg mit schwerer Traglast ganze 2 Std. Der Rest des Tages dient der Ruhe, Vorbereitung auf den morgigen anstrengenden Tag.

Aufstieg C3, 7260 m – vom 08.05.09
Nach einem Frühstück bei Cappucino und Babybrei und einem zauberhaften Blick auf die benachbarte Annapurna-Gruppe in der strahlenden Morgensonne machen wir uns startklar für einen Transportgang auf Camp 3, das auf kleinen Gratabsätzen zwischen 7200 m und 7400 m errichtet werden kann. Ab Lager 2 wird die Route nun deutlich steiler. An Fixseilen gesichert steigen wir die ca. 60 Grad steilen Eis- und Schneeflanken mit unseren Traglasten empor. Zunächst ist das Wetter noch traumhaft schön, doch der Wind nimmt an der exponierten Gratschneide bereits deutlich zu. In den schneebedeckten Teilen der Aufstiegsroute ist die Spurarbeit anstrengend, der starke Wind hat aber auch Bereiche schon wieder frei gelegt, auf denen man über Blankeis klettern muss. Auf einer Felsstufe des Grates entdecken wir in 20 Meter Entfernung etwas, das aussieht wie ein Bergschuh mit angelegtem Steigeisen. Wir wollen lieber nicht näher nachsehen, ob oberhalb des Schuhs noch etwas nachfolgt. Der Sturm nimmt immer mehr zu, wir alle tragen mittlerweile volle Daunenmontur, Schneebrille und Gesichtsmaske. Nun hüllt uns auch die berüchtigte Gipfelwolke, die den Berg ab den Mittagsstunden verhüllt, ein und es beginnt zu schneien. In White-Out-Bedingungen machen sich die ersten gegen 14.00 Uhr auf den Abstieg. Um 14.30 Uhr beschließen wir gemeinsam ein Depot einzurichten und umzukehren, da wir keine 10 Meter weit mehr sehen können. Kaum ist alle Ausrüstung eingesammelt, beginnt es plötzlich etwas aufzuklaren. So beschließen Luis, Rupert, Dorje und Singi mit allem Gepäck noch weiter bis zum Lagerplatz aufzusteigen, der auch nach nur einer weiteren halben Stunde erreicht ist. Der Seesack und die Zeltsäcke sind in der Schneeflanke der kleinen Felskanzel auf 7260 Meter Höhe schnell vergraben. 4 vom Sturm stark mitgenommene Zelte der indischen Expedition stehen hier bereits. Zügig machen wir uns an den Abstieg. Die ersten haben Camp 2 bereits um 15.00 Uhr erreicht, die letzten folgen um 16.15 Uhr nach. Nach etwas Aufwärmen wollten wir eigentlich gemeinsam nach Camp 1 absteigen, doch ist der Sturm immer noch so stark, dass wir beschließen, eine weitere Nacht im zweiten Hochlager zu verbringen.

Abstieg BC – vom 09.05.09
Nach einem knappen Frühstück und dem Zusammenpacken der Ausrüstung machen wir das Camp 2 sturmsicher, da für den Folgetag Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h für die Höhe angekündigt wurden. Ein kurzer Abstieg (< 1 Std) führt uns auf Camp1, 5800 m, wo wir schnell unsere Schlafsäcke zum Trocknen auslegen. Das indische Bergsteigerteam, das am Tag zuvor den Gipfel erreichte, läuft im Lager ein und wir gratulieren ihnen herzlich zum großen Erfolg bei den schwierigen Wetterbedingungen. Im Anschluss wird alle Depotausrüstung sorgsam verpackt und in den Zelten eingelagert. Auch hier schaufeln wir das Lager bestmöglich im Schnee ein. Nun ist alles vorbereitet für den Gipfelangriff, der beim nächsten Aufstieg erfolgen soll. Dann machen wir uns an den Abstieg ins Tal. Wir träumen bereits vom frischen Krautsalat und Kartoffeln mit Ketchup nach mehreren Tagen Tütensuppe und gefriergetrocknetem „Astronautenessen“. Nach 2 Std Abstieg werden wir am Fuß der Route von Kiru und Pasang mit Keksen und „Juice“ empfangen. Eine halbe Stunde später befinden wir uns in unserem Basislager, wo uns Suppe und eine schmackhafte Brotzeit serviert wird. Schon früh beginnt es nachmittags zu schneien und wir verziehen uns zu einem Nickerchen in die Zelte. Der Schneefall wird immer stärker, abends liegen bereits 20 Zentimeter Neuschnee und alles wirkt hochwinterlich.

Ruhetag im BC – vom 10.05.09
Nach einem späten Frühstück mit Eierkuchen, angebratenem Speck und echtem Filterkaffee wird geduscht, rasiert, Wäsche gewaschen, Emails geschrieben und zum Muttertag zu Hause angerufen. Mittags wird wieder ein üppiges Mahl serviert. Trinken und Essen sind die wichtigsten Aufgaben an den Ruhetagen, um sich für den nächsten Höhenaufenthalt „vollzutanken“. Die Wetterprognose ist für die nächsten paar Tage schlecht, so dass wir uns in Ruhe auf diese Aufgaben konzentrieren können, ohne das Gefühl haben zu müssen, etwas zu verpassen.

Schlechtwettertag im BC – vom 11.05.09
Der Sturm, der laut Explorersweb im ganzen Himalaya die bergsteigerischen Aktivitäten lahm legt, sorgt auch am Dhaulagiri für Neuschnee und Tosen. Den ganzen Tag schlagen die Zeltplanen und Schnee findet sich in allen Ritzen und Ecken wider. Allein im Messzelt oder im Schlafsack ist es behaglich und so vertreibt man sich die Zeit mit Musik hören, Lesen oder Unterhaltungen. Ein Anruf bei unserem Meteorologen und Freund Dr. Karl Gabl in Innsbruck sorgt kurzzeitig für Aufregung: Ein Fenster für einen Gipfelversuch könnte sich Donnerstag-Freitag auftun. Nach einiger Diskussion entschließen wir uns allerdings dagegen, da der in den höheren Bereichen des Berges gefallene Neuschnee noch zu ungesetzt ist und Lawinengefahr, v.a. beim Übergang in die Gipfelflanke, befürchtet werden muss. Darüber hinaus ist der uns von der indischen Expedition zugetragene Wetterbericht wesentlich schlechter und sorgt zusätzlich für etwas Verunsicherung. So heißt es weiter warten und hoffen. Unsere Hoffnung gründet sich darin, dass Karl für die Zeit nach dem kommenden Wochenende eine Nordwärtsverschiebung der Jetstreams angekündigt hatte, womit zumindest die Windgeschwindigkeiten im Gipfelbereich deutlich zurückgehen dürften. Damit bräuchten wir dann „nur“ noch ein stabiles Wetterfenster, um einen Gipfelgang zu versuchen. Die Lagerkette steht so weit und alle Teilnehmer befinden sich in den Startlöchern…

Schlechtwettertag im BC – vom 12.05.09
Morgens weckt uns die Sonne und treibt uns aus den Zelten: Eine gleißende Winterlandschaft umgibt uns auf dem Chonbarban-Gletscher zwischen Dhaulagiri I und Tukuche Peak. Das Wetter scheint sich zumindest langsam etwas zu bessern. Nach dem Frühstück übergeben wir 500 Meter Fixseil an die Inder im Austausch gegen das in der Route befindliche Seil. Der nette indische Militärarzt Khan lässt uns einige medizinische Versorgungsgüter zurück. Die indische Expedition rüstet bereits zum Aufbruch, in den nächsten Tagen wollen sie über French Col und Dhampus-Pass nach Marpha absteigen. Dafür ist eine neue koreanische Expedition eingetroffen, die den Dhaulagiri mit 4 Teilnehmern im Alpinstil besteigen wollen. Sie waren zuvor am Manaslu unterwegs und mussten dort sämtliche Lager wiederholt wegen starker Schneefälle komplett ausgraben. Ein Gipfelerfolg blieb ihnen wegen der schlechten Bedingungen leider verwehrt. Was aber ihre Motivation nicht untergräbt: Nach dem Dhaulagiri wollen sie zur Annapurna weiterziehen, danach noch vielleicht zum Makalu. Anscheinend gibt es mittlerweile noch eine Steigerung zum „Alle-14-Achttausender-Sammelwahn“: „Alle Achttausender in einem Jahr!“ Oder so…

Ruhetag im BC – vom 13.05.09
Vormittags herrscht strahlender Sonnenschein, die Lawinen rauschen über Flanken und Couloirs zu Tale. Vom Tukuche Peak bricht eine Eislawine vom Serac-Balkon ab und rauscht zusammen mit dem Neuschnee quer übers Ta hinweg, stiebt die gegenüberliegende Talseite hinauf. Wären heute Trekker zum French Col unterwegs gewesen, hätte sie das Spektakel voll erwischt. Mittags rufen wir Dr. Karl Gabl in Innsbruck an und lassen uns die neuesten Wetterprognosen mitteilen: Eine Phase stabileren Wetters löst den Himalaya-Sturm ab und hält voraussichtlich bis zum Beginn der nächsten Woche an. Das einzige Problem dürften die nach wie vor kräftigen Höhenwinde sein, die aufgrund der Überlagerung durch den Jetstream entstehen – und natürlich die Neuschneemengen im oberen Teil der Route! Unsere Planungen laufen nun in Richtung eines Gipfelversuchs für den Montag, 18.5. Nachmittags verabschieden wir uns von der indischen Expedition, deren Träger über das Myagdi Khola absteigen, sie selbst aber den Weg über die Pässe nach Marpha wählen. Dort ist mittlerweile sehr viel Schnee vorhanden.

Packtag – vom 14.05.09
Strahlendes Wetter lockt uns aus unseren Zelten, ein Traumtag. Nach dem Frühstück werden die Rucksäcke gepackt, die Entscheidung ist gefallen: Morgen werden wir auf Camp 1, 5800 m, aufsteigen. Die zwei Koreaner des neuen Expeditionsteams waren bereits gestern aufgestiegen – links und rechts den Lockerschneelawinen des Eigers ausweichend, heute Früh sind vier Teilnehmer der japanischen Expedition zum Berg aufgebrochen. Es herrscht allgemeine Aufbruchsstimmung.

Aufstieg auf C1 – vom 15.05.09
Nach einem frühen Frühstück brechen wir um 5.00 Uhr auf. Nach kurzem Nebeleinbruch klart es auf und wir steigen bei traumhaften Bedingungen durchs Gletschertal höher. Bereits nach 5 Std kommen wir im C1, 5800 m, an. Nachmittags werden Sachen getrocknet, getrunken, gegessen und sich erholt. Nach der üblichen nachmittäglichen Wettereintrübung klärt es gegen Abend wieder auf und der Blick auf die Route wird frei. Ganz dort hinauf, bis auf die letzte Spitze, wird es die nächsten Tage gehen – eine Erkenntnis die einen zugleich in Vorfreude versetzt und erschauern lässt

Aufstieg auf C2 – vom 16.05.09
Bei strahlendem Wetter geht es über den Gratrücken höher. Mit uns zusammen am Weg sind zwei Koreaner, die den Berg im Expressstil abhaken möchten, bevor sie zur Annapurna weiterziehen und ein Japaner, der mit großer Filmübertragung durch ein Kamerateam solo über die Ostwand aufsteigen und dann mit Ski vom Gipfel abfahren wollte. Den Plan mit der Skiabfahrt hat er bereits beerdigt, den mit dem Aufstieg über die Ostwand ebenso – mittlerweile setzt er ganz bescheiden auf einen klassischen Auf- und Abstieg über die Normalroute. Nach 5,5 Std. kommen wir im C2, 6700 m, an. Das Lager ist bis zu den Zeltdächern hin mit Triebschnee zugeblasen, wir benötigen 1-2 Std Zeit, um es frei zu schaufeln. Ein Zelt, in dem wir auch noch zu dritt übernachten müssen, ist ziemlich stark beschädigt. Nachmittags ist der Wind wieder sehr stark und die Schneeverfrachtung um die Kante extrem, alle zwei, drei Stunden müssen die Zelte ausgeschaufelt werden.

Aufstieg auf C3 – vom 17.05.09
Nach dem Frühstücken müssen wir uns erst einmal aus den Zelten nach draußen graben. Zwei Zelte, die wir mit nach oben ins letzte Lager nehmen müssen, werden abgebaut. Dann brechen wir auf und steigen über den Eisrücken zu C3, 7250 m, auf. Teilweise sind die Fixseile verschneit und müssen aufwendig befreit oder neu kombiniert werden. Der Wind ist nach wie vor sehr stark und laugt an der exponierten Kante aus. Nach 6,5 Std sind wir im C3, 7250 m. Zwei alte Zeltplattformen auf exponierten Felskanzeln können wir wiederverwenden, drei neue müssen wir im hartgefrorenen Eishang neu schaffen. Nachdem sich alle vor dem beißenden Wind in die Zelte verkrochen haben, muss alles getan werden, um sich möglichst weitgehend zu regenerieren: trinken, essen, ruhen. Der Sturm tut sein Möglichstes, um das zu verhindern und rüttelt und zerrt an den Zelten. Als eine Zeltverankerung reißt, tut unser Zelt einen richtigen Satz zur Seite – ein Vorkommnis, das uns auf der exponierten Felskanzel das Adrenalin ins Blut treibt. Nach einiger Zeit versagt auch die, dem Wind zugekehrte Apsis den Dienst und die Reißverschlüsse zerreißen. Der Wetterbericht von Karl Gabl prognostizierte den starken Wind zwar akurat, dennoch wird die Geduld auf eine harte Probe gestellt, an den bevorstehenden optimalen Gipfeltag zu glauben. Wir vereinbaren für 0.00 Uhr Wecken und für 2.00 Uhr den Aufbruch. Der Sturm tobt die ganze Nacht weiter.

Gipfeltag – vom 18.05.09
Pünktlich wecken und frühstücken wir, gegen 2.30 Uhr brechen wir trotz nach wie vor starkem Wind auf. Nach einem ersten, steilen Eishang kommen wir auf die Gratschneide, auf der der Wind umso beißender in Füße und Hände dringt. Bei einsetzender Dämmerung kommen wir an das Felsband, das den Beginn der langen Querung in die Gipfelflanke signalisiert. Es lässt sich kaum ein windstiller Platz finden, um sich bei der schwachen Morgensonne etwas Wärme in die Glieder flößen zu lassen. Nach einer kurzen Verschnaufpause nur machen wir uns schon auf den Weiterweg. Über ein breites kombiniertes Schneeband lässt sich der Beginn der Gipfelflanke einfach erreichen. Eine lange, ansteigende Querung führt über weite, steile Schneehänge weiter in die Flanke. Die Verhältnisse sind überraschend gut, die Schneemenge hält sich stets in Grenzen, so ist die Spurarbeit nicht allzu anstrengend. Nun lässt auch der Wind nach und wir können in einem geschützten Windkolk eine wohltuende ausgedehnte Pause machen. In der weitläufigen Gipfelflanke wird die Aufstiegsrinne zum Gipfel erst sehr spät ersichtlich, deren Basis von einer kleinen Felsinsel markiert wird. Bis hierher liegen wir sehr gut in der Zeit, auch das Wetter ist optimal, nach wie vor ist keine einzige Wolke am Himmel erkennbar, es ist warm und beinahe windstill. Die beiden Koreaner ziehen rechts an der Rinne vorbei und setzen auf eine Aufstiegslinie über die Gipfelschulter, der Japaner, der uns seit einer Weile überholt hatte, befindet sich kurz vor uns in der Rinne.

Rupert ist ihm auf den Fersen, alle anderen sind ca. eine Stunde hinter ihnen. Der Aufstieg durch die steile Rinne, in der auch der Schnee plötzlich tiefer wird, ist sehr anstrengend und fordert die letzten Kräfte aller. Nach gut 14 Std. Gesamtgehzeit kommen die Letzten gegen 16.15 Uhr am Gipfel an, der sich nur hundert Meter links der Rinne befindet. 7 von 9 Expeditionsteilnehmern (Helga Söll, Alexandra Robl, Alix von Melle, Jürgen Greher, Rupert Hauer, Bernd Müller, Expeditionsleiter Luis Stitzinger) ist der Gipfelgang gelungen, Gerhard Schauenburg sowie die Climbing Sherpas Singi und Dorje mussten unterwegs leider wegen Erschöpfung und Erfrierungsgefahr abbrechen.

Gleich am Ausgang der Rinne grüßt ein ewiger verbliebener Gipfelgänger, der dort auf dem bankigen Kalksteingrat liegt und ermahnt dazu, sich die verbleibenden Kräfte für den Abstieg gut einzuteilen. Wir haben tatsächlich einen Traumtag erwischt. Noch immer ist kaum Bewölkung vorhanden, es ist sonnig und nahezu windstill. Nach zahlreichen Gipfelfotos machen wir uns gemeinsam an den Abstieg. Am Ende der Querung dämmert es, als wir den Grat erreichen ist es dunkel und wir müssen die Stirnlampen anschalten. Dem Umstand, dass der Grat bis zum Lager konsequent mit Fixseilen versichert ist, ist es zu verdanken, dass der Abstieg so in Dunkelheit noch sicher vollzogen werden kann. Die Koreaner, die zusammen mit uns am Gipfel waren, schlafen bereits in ihrem Zelt, als die Letzten von uns gegen 22.00 Uhr das Lager erreichen. Ein langer Tag geht zu Ende, alle sind erschöpft aber glücklich.

Abstieg ins BC – vom 19.05.09
7.00 Uhr wird geweckt, zwei Stunden später die Zelte abgebaut und aufgebrochen. Auf C2 müssen die Zelte langwierig aus dem Schnee ausgegraben und –gepickelt werden. Die Rucksäcke werden immer größer, dennoch findet nicht alles Platz. Ein Nachziehsack, den Rupert und Luis hinter sich herziehen, muss die letzten Ausrüstungsgegenstände aufnehmen. Nachmittags hüllt Quellbewölkung den Berg ein und es beginnt zu schneien. In C1 angekommen, wird ein Teil der Lasten deponiert und wir machen uns schnell an den weiteren Abstieg. Der frisch gefallene Schnee klebt wie Leim an unseren Steigeisen und die Fixseile über die zahlreichen Spaltenbrücken sind teils schwer zu finden. Auf dem flachen Gletscherplateau wird es dunkel, die Querung unter dem Eiger hindurch müssen wir abermals mit den Stirnlampen zurücklegen. Unten am Gletscher angekommen, werden wir von Kiru und Pasang mit warmem Getränk und Keksen empfangen, bevor wir die letzten zwanzig Minuten zum Basislager zurücklegen. Ein spätes Abendessen und ein Gipfelbier schmecken königlich, eh wir uns gegen Mitternacht zur Ruhe legen.

Ruhetag im BC – vom 20.05.09
Beim späten Frühstück wird uns erstmals so richtig klar, was die vergangenen zwei Tage abgelaufen ist und was wir erreicht haben. So schnell war alles abgelaufen und so erschöpft waren wir, dass der Verstand nicht mehr ganz Schritt halten konnte. Wir berichten uns gegenseitig von unseren Eindrücken während unseres Gipfelganges und erleben das Geschehene nochmals nach.

Schlechtwettertag im BC – vom 21.05.09
Von morgens an ist es neblig und es nieselt. Das schlechte Wetter kommt aber nicht unbedingt ungelegen. Alle sind nach wie vor sehr erschöpft und verbringen den Großteil des Tages in der Horizontale, die lediglich zu den Mahlzeiten verlassen wird.

Schlechtwettertag im BC – vom 22.05.09
Früh morgens steigen unsere beiden Climbing Sherpas Singi und Dorje trotz Schneefalls ins C1 auf, um eine erste Ladung Ausrüstung ins BC zurück zu bringen, die wir beim Abstieg vom Gipfel dort eingelagert hatten. Durch den vielen Neuschnee, der zudem stark durchfeuchtet ist, benötigen sie hin und zurück den vollen Tag. Erst gegen Abend (ca. 19.00 Uhr) sind sie im BC zurück. Rupert und Luis packen nachmittags ihre Rucksäcke, um am nächsten Morgen zum C1 aufzusteigen. Trotz mittelprächtigem Wetterbericht möchten Sie dennoch versuchen, das Projekt einer Skibefahrung des Dhaulagiri zu realisieren.

Schlechtwettertag im BC – vom 23.05.09
Die ganze Nacht schneit es durch. Rupert und Luis sind wegen des starken Schneefalls um 5.00 Uhr nicht aufgebrochen. Kurz vor dem Frühstück um 9.00 Uhr bricht urplötzlich die Kuppel des BC-Doms nach innen ein. Die Kuppel konnte dem enormen Druck des feuchten Schnees nicht mehr standhalten, der sich dort angesammelt hatte. Wie durch ein Wunder bricht keiner der Gestängebögen und die Kuppel lässt sich mit vereinten Kräften zurückdrücken. Mittags bricht die Sonne durch die dicke Nebeldecke und es wird brütend heiß.

Du hast keine Chance – nutze sie! – vom 24.05.09
Heute Morgen ist das Wetter klar, es schneit nicht mehr. In diesem kurzen Schönwetterfenster wollen Luis und Rupert einen letzten Versuch unternehmen, doch noch die Skibefahrung des Dhaulagiri zu realisieren. Falls sie heute nonstop in einem Tag in einer Speedbegehung aufsteigen, reicht die Zeit gerade noch bis zum geplanten Abreisetermin aus dem BC aus. Ursprünglich wollten sie untertags bis Camp1 aufsteigen, dort den Nachmittag und Abend pausieren und dann in der Nacht zum Gipfelgang aufbrechen. Nun müssen sie durchgehen und mit jeweils kurzen Pausen in den Camps zurecht kommen. Beide fühlen sich aber gut ausgeruht und in der Lage, der neuen Herausforderung gerecht zu werden. Beide sind sich ausserdem sicher, dass die Skibefahrung bei den vorherrschenden Routenbedingungen gelingen muss. Nachdem sie um 8.00 Uhr aufgebrochen sind, haben sie die Traverse unter dem Eiger hindurch in lediglich 1,5 Std zuruckgelegt. Der Neuschnee der Vortage wird immer tiefer und sie spuren teilweise bis zum Knie im Schnee versunken höher. Kurz vor Camp 1, 5800 m, verdichtet sich die Bewolkung wieder und es beginnt abermals zu schneien. Trotz der widrigen Bedingungen kommen die beiden nach nur 5 Std in Camp 1 an und beschliessen, einige Zeit zu warten, ob sich die Bedingungen bessern mögen. Stattdessen verschlechtern sie sich jedoch zusehends und um 16.00 Uhr fällt dann die Entscheidung, den Versuch abzubrechen. Sie packen die letzten in Camp 1 verbliebenen Ausrüstungsgegenstande zusammen und machen sich mit schwer beladenen Rucksäcken auf den Rückweg. Auf dem Weg werden noch verbleibende Fixseile abgebaut, so erreichen die beiden gegen 20.00 Uhr schwerbepackt den Fuss der Route, wo ihnen die beiden Climbing Sherpas Singi und Dorje sowie Kiru und Gansa beim Zurücktragen zum BC behilflich sind. Nun ist die Route abgebaut, die Ausrüstung wird verpackt und alles für das Verlassen des Basecamps vorbereitet. Die Expedition ist vorbei. Etwas Schwermut und Enttäuschung schwingt mit, als die beiden von ihren Erlebnissen im BC erzählen, doch die zuvor geglückte Gipfelbesteigung lässt so manchen Wermutstropfen weniger bitter erscheinen.

Letzter Tag im BC – vom 25.05.09
Wieder schneit es, was vom Himmel kommen kann. Für morgen ist leichte Wetterbesserung vorhergesagt, die wir nutzen wollen, um aus dem BC zu fliehen. Wenn wir weiter warten, können wir es unmöglich über die Pässe schaffen, da der Schnee zu hoch sein wird. Auf der anderen Seite wird der lange Weg zurück den wir gekommen sind zeitlich zu knapp werden, um es noch rechtzeitig nach Kathmandu fur unsere Flüge zurück nach Deutschland zu schaffen. Noch immer sind keine Träger gekommen. Auch sie werden vom schlechten Wetter blockiert.

Flucht aus dem BC – vom 26.05.09
Nur mit unseren Rucksäcken und den notwendigsten Dingen beladen, machen wir uns morgens früh um 6.00 Uhr aus dem BC auf die Flucht über French Col und Dhampus Pass. Des Gewichts wegen nehmen wir weder Zelte noch Kocher mit, nur unsere Schlafsäcke, und versuchen so leicht und schnell wie möglich den Weg über die Passe bis nach Marpha an einem Tag zurückzulegen. Ein Unterfangen, für das Trekkinggruppen normalerweise drei Tage benötigen. Nach morgendlichem Schneefall, der unsere Stimmung entsprechend drückt, bessert sich das Wetter zusehends. Am French Col, nach 4,5 Std Spurarbeit angekommen, erwartet uns ein uneingeschränkter Blick ins Hidden Valley und strahlender Sonnenschein. Entsprechend strahlen auch unsere Gesichter, als wir die Durchquerung des Hidden Valley antreten. Immer wieder sinken wir bis übers Knie in den Neuschnee ein, doch nach wie vor kommen wir sehr gut voran. Auch der Wiederaufstieg auf den Dhampus Pass stellt keine Schwierigkeit dar. Zügig haben wir die Passhöhe erreicht. Die Schneehohe auf der anderen Seite des Passes lässt hoffen. Doch dann zieht ein Gewitter im Kali Ghandaki auf und hüllt die Flanken der umliegenden Berge und uns ein…
Wir sehen kaum noch die Hand vor Augen, so peitscht Graupel und Schneefall auf uns ein. Die Höhe des Neuschnees in den Flanken steigt immer mehr an. Teilweise ist die Oberfläche vom Wind hart geblasen und trägt, immer wieder bricht sie aber auch und wir sinken bis übers Knie ein, so dass wir immer wieder abwechselnd spuren müssen. Die Sicht beträgt meist keine 5 Meter weit, so dass die Orientierung immer schwieriger wird. Zuletzt haben wir keine Chance mehr, den Weg noch unter der Schneedecke herauszulesen. Ein verfrühter Abstieg führt uns vom schneereichen Kamm in die tiefer liegenden schneefreien Wiesenflanken der obersten Yak-Almen. Doch in der einsetzenden Dunkelheit und dem noch immer vorherrschenden zähen Nebel können wir den Abstieg durch einen Felsriegel nicht finden. Nach einigen fruchtlosen Versuchen geben wir schließlich entnervt und total durchnässt auf und beschliessen bei großen Felsen ein Biwak zu beziehen, bis sich die Sichtverhältnisse am nächsten Morgen hoffentlich gebessert haben. Tatsächlich klart es gegen 5.00 Uhr auf und wir sehen die schmale Rampe und die Pfadspur, die wir in der Dunkelheit nicht entdecken konnten. Eine halbe Stunde später schon sind wir bei einem Yakhirten zu Gast und trinken heissen, gesüßten Tee. Welche Wohltat nach der feuchtkalten Nacht. Zum Glück hatten wir unsere Schlafsäcke dabei, um uns Wärme zu spenden. 3 Std später haben wir das Massiv auf guten Pfaden traversiert und kommen in Alubari, einer Hochalm, an. Nach weiteren 1,5 Std sind wir in Marpha im Tal angelangt und geniessen das heiss ersehnte Bier, das wir eigentlich schon für den Vorabend erhofft hatten. Dennoch sind wir froh, es rechtzeitig geschafft zu haben, auch wenn wir nicht komplett ungeschoren davon gekommen sind. Zum Ausgleich geht es noch am selben Tag per Jeep weiter nach Tasang Village in die gleichnamige Komfortlodge, die uns mit einer heissen Dusche und gutem Essen verwöhnt.

Rückreise nach Kathmandu – vom 30.05.09
Über die „Buschtrommel“ erfahren wir, dass es im BC mittlerweile schon wieder über 1 Meter geschneit hat. Die Kuppel des Messzeltes ist abermals kollabiert und einige der noch immer stehenden Schlafzelte haben Gestängebruch erlitten. Wir sind die einzigen seit mehr als einer Woche, die den Weg über die Pässe geschafft haben. Auch der „lange Weg“ über die Chonbarbanschlucht ist mittlerweile wegen Lawinengefahr nicht mehr möglich. Alle zur Bergung unseres Gepäcks entsandten Träger kommen unverrichteter Dinge zurück. Wie wir an unser Gepäck kommen werden ist nach wie vor unklar, doch Hauptsache wir haben unsere Haut gerettet und können unsere Heimreise wie geplant absolvieren. Die weitere Rückreise erfolgt in den Etappen:

28.5.: Jeepfahrt nach Tatopani

29.5.: Jeepfahrt nach Pokhara am Phewa Lake

30.5.: Flug nach Kathmandu

31.5.: Aufenthalt in Kathmandu, Debriefing im Ministerium

1.6.: Nachmittags Rückflug nach Deutschland über Abu Dhabi

2.6.: Ankunft in München

Heimreise – vom 01.06.09
Nach drei Tagen Aufenthalt in Kathmandu geht es heute wieder nach Hause zurück. Obwohl die letzten Tage noch schön waren, freuen wir uns nun alle wieder auf heimatliche Gefilde. Heute ist Generalstreik in Kathmandu, entsprechend umständlich war das Durchkommen zum Flughafen. Doch nun haben wir es geschafft und warten auf unseren Flieger über Abu Dhabi nach München. Sobald wir wieder daheim sind, stellen wir einige zusätzliche Bilder in die Galerie, um die Impressionen der Expedition zu vervollständigen. Wir bedanken uns fürs Verfolgen des Tagebuchs, fürs Mitfiebern und fürs Daumendrucken  – es hat uns offensichtlich geholfen!